Donnerstag, 8. November 2012

Arbeitsalltag in Kumasi

Liebe Familie, Freunde und Bekannte

Nun ist tatsächlich schon über ein Monat vergangen seit ich in Ghana gelandet bin, höchste Zeit für einen kurzen Lagebericht:  Die erste Umstellung hier war, dass ich mein Tagesablauf auf den städtischen Verkehr abstimmen musste. Ich wohne ein bisschen ausserhalb von Kumasi (beim grünen Pfeil hier: https://maps.google.com/?ie=UTF8&ll=6.690085,-1.616106&spn=0.386676,0.676346&t=h&z=11&vpsrc=4&iwloc=A&q=6.736525,+-1.561625) und lege deshalb tägliche eine Strecke zurück die je nach Verkehrslage zwischen 15min und 3h beansprucht. Um jeweils näher an der 15min-Marke zu sein muss ich auf Randzeiten ausweichen, das heisst konkret: Abfahrt morgens um 6 Uhr, Rückfahrt aus dem Büro in der Regel nach 19 Uhr... das bevorzugte Fahrzeug sind die sogenannten Tro-tros: Alte Minibusse, die ursprünglich für 8-11 Personen konzipiert wurden, hier aber im Schnitt 16 Personen (Kinder nicht mitgezählt) fassen. Die Preise variieren je nach Tageszeit, aber sind mit 25-50 Rappen für eine einfache Fahrt in sehr ertragbarem Rahmen.

Heute hatte ich zum Beispiel eine gute Stunde, aber es gibt auch Glücksfälle wie gestern, als eine Schlägerei (naja... eher eine Rangelei) im vorderen Teil der Warteschlange das Tro-tro zwang am hinteren Teil der Schlange Leute einzuladen, wo ich gerade angekommen war, was mir sicher 20-30min erspart hat. Zu Stosszeiten kann es beim Kampf um einen Platz im Tro-tro teilweise sehr rabiat zu und her gehen und grundsätzlich gilt das Prinzip "survival of the fittest". Meine für Ghana weit überdurchschnittliche Körpergrösse kommt mir dabei insofern entgegen, dass ich keine Angst zu haben brauche, zerdrückt zu werden. Der Nachteil ist aber, dass ich halt einfach mehr Platz brauche und öfters mal im Türrahmen hängen bleibe, während sich die Ghanaer irgendwie hineinschlängeln...

Wenn ich dann mal im Büro ankomme, stürze ich mich in der Regel ziemlich rasch in mein Projekt, dass ich in den den letzten Wochen angestossen habe und nun ausführe: Ich führe mit meinen zwei Übersetzern eine Art Kundenumfrage durch, die vor allem zwei Ziele verfolgt: Einerseits will ich Verbesserungspotenzial innerhalb der Organisation entdecken und andererseits herausfinden, ob und was für einen Effekt die Mikrokredite der Stiftung auf des Leben der Kundinnen haben. So sitze ich derzeit täglich mehrere Stunden mit Kundinnen zusammen und frage sie über ihre Geschäftstätigkeit und ihr Leben allgemein aus, was meistens äusserst spannend und lehrreich ist. Klar, die 12te Verkäuferin von Früchten ist dann nicht mehr so aufregend wie etwa die Bush-Meat Verkäuferin oder einer der wenigen männlichen Kunden, der Sandalen herstellt.

Meine Freizeit beschränkt sich praktisch nur auf die Wochenenden, an denen ich das Land erkunde. Das führte mich bisher zum Beispiel an die Küste zum Surfen, auf einen nahe gelegenen "Prayer Mountain" oder zur Goldmine in Obuasi.

Eine Anekdote zum Schluss: Ghanaer sprechen ein sehr spezielles Englisch, mit vielen unüblichen Redewendungen und Ausdrücken weil sie teilweise ihre lokale Sprache wörtlich übersetzen. Das führt dann beispielsweise dazu, dass ich beim Friseur letztens sehr konsterniert geguckt habe als er mich nach einer Weile sehr zittrigens Haareschneidens fragte: "Should I tear your face?"   ...     Wie bitte?!?!

Riesengelächter im Salon.

Mit noch intaktem Gesicht habe ich anschliessend erfahren, dass er eigentlich nur wissen wollte, wie er meine Fransen schneiden soll.

Bis zum nächsten Mal!

Samuel

PS. Weitere Bilder vom Team und Büro gibt es auf unserer neuen, offiziellen Facebook-Seite: http://www.facebook.com/ssfghana,

Der Bahnhof von Kumasi (ausser Betrieb)


Nach einem der alltäglichen tropischen Regen in Kumasi

Stuhl auf den Kopf und ab gehts zum Zoobesuch

Die Minenstadt Obuasi

Obuasi; die Felswand im Hintergrund ist nicht etwa natürlich, sondern das was vom Berg noch übrig ist
Strandidylle am Atlantik